Migration ist etwas Uraltes, ist Menschheitsgeschichte. „Ohne Bewegung im Raum war Überleben nicht möglich.“[1] Menschen wandern. Migration ist Alltag, völlig normal, so wie Nahrungsmittel und Wörter wandern auch Menschen. Nicht nur unsere Nachnamen erzählen davon.

In dieser Station erfahren die Kinder die Lebendigkeit von Menschen, ihre Grenzüberschreitungen – sie entdecken, wie Menschen wandern und sich im Wanderungsprozess verändern. Kultur lebt von Prozessen der Wanderung und des Wandels.

Im Mittelpunkt der Station „Wie Menschen wandern“ stehen familiäre Wanderungswege. Von wo nach wo und aus welchen Gründen sind Eltern, Großeltern und andere nahestehende Menschen gewandert?

Gerade an dieser Station ist ein achtsamer Umgang nötig. Weil die Themen privat und heikel sind, sind – nicht nur – Kinder hier verletzlicher. Oftmals sind Rassismuserfahrungen mit Migrationsgeschichten verbunden. Oftmals haben Kinder die Bezeichnung “mit Migrationshintergrund” als Stigma, als Markierung des “nicht-wirklich-dazugehörenden” erlebt. Dies darf in dieser Station nicht wiederholt werden. Das setzt einen reflektierten, rassismuskritischen und -sensiblen Umgang der Begleitpersonen voraus. Mehr noch: Zur Begleitung werden Menschen gebraucht, die selber diese Zuschreibung des „anders-seins“ erleben, die selber wissen, wie es sich anfühlt, dass die eigene Zugehörigkeit immer wieder in Frage gestellt wird.  Wenn dies nicht sicher gestellt werden kann sollte auf Durchführung dieser Station verzichtet werden um nicht Kinder ein weiteres mal zu „othern“ / zu andern.

Bei dieser Station geht es um alle Wanderungsgeschichten, auch die, bei denen Menschen Deutschland verlassen haben oder innerhalb des Landes umgezogen sind – und wenn Menschen bleiben um Nicht-Wanderungsgeschichten. Ziel ist, Raum zu geben für Geschichten und in der Vielfalt das Gemeinsame und das Unterschiedliche zu sehen.

Die Geschichte der Menschheit ist eine Wanderungsgeschichte. Menschen haben sich aus Afrika über die ganze Welt verbreitet. Mit dem Sichtbarmachen der eigenen Wanderungsgeschichten wird die Normalität, der Mut und die Kreativität von Menschen anerkannt.

Anerkannt wird auch die Transkulturalität, die individuelle sowie die gesellschaftliche[2]. Denn wenn Migration und Migrationsgeschichten als normal und Gesellschaft als plural erkannt werden, erübrigt sich die Metapher vom Sitzen „zwischen den Stühlen“ als Synonym für einen angeblichen Zustand, zwischen etwas (zwischen zwei Kulturen, die dann geschlossen und statisch gedacht werden) zu sein und also keinen eigenen Platz zu haben.

warum wandern Menschen?

 

[1] Jochen Oltmer (2012): Globale Migration. Geschichte und Gegenwart. Bonn, S. 9

[2] Hier sei nochmals an das eingangs angeführte Zitat erinnert: „Es wird auf die Fähigkeit des Einzelnen ankommen, die individuelle Transkulturalität anzunehmen und sich so der gesellschaftlichen Transkulturalität zu stellen.“